Experte Rico Freimuth schlägt im Eurosport-Interview vor Leichathletik-WM Alarm
18 August 2023 - Letzte Aktualisierung 23 August 2023

Ab Samstag schaut die Leichtathletik-Welt gespannt nach Budapest. Im brandneuen Stadion "Nemzeti Atlétikai Központ" am östlichen Ufer der Donau messen sich bei der WM vom 19. bis 27. August (live auf Eurosport 1 im Free-TV und im Stream bei discovery+) die besten Athleten der Welt. Die Absagen-Flut von Top-Athleten wie Malaika Mihambo, Bo Kanda Lita Baehre, Konstanze Klosterhalfen und Co. treibt Leichtathletik-Deutschland vor WM-Start in Budapest Sorgenfalten auf die Stirn.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) gibt sich zwar kämpferisch. Ex-Zehnkämpfer Rico Freimuth, der für Eurosport den Zehnkampf am Mikrofon als Experte begleitet, schlägt im Exklusiv-Interview aufgrund der langen Verletztenliste Alarm und warnt nach Eugene 2022 vor dem nächsten Debakel. Hoffnungen hat er im Zehnkampf, in dem der DLV zwei heiße Eisen im Feuer hat
"Im Grunde kann es nur ein Desaster werden"
"Im Grunde kann es nur ein Desaster werden", sagt Freimuth, WM-Silbermedaillengewinner von 2017, im exklusiven Gespräch mit Eurosport.de. Verletzungspech lässt der 35-Jährige dabei nicht als einzige Ausrede gelten. Vielmehr prangert er das System in der deutschen Leichtathletik an. Fehlende Gelder und der Föderalismus würden die Ausbildung von Top-Athleten erschweren. Stattdessen bedürfe es langfristig einer "sinnhaften Zentralisierung".
Auszüge aus dem Eurosport-Interview anbei zur redaktionellen Verwendung bei Quellenkennzeichnung “Eurosport.de”
Herr Freimuth, fangen wir trotz der jüngsten Hiobsbotschaften und der langen Ausfallliste positiv an: Was stimmt Sie aus deutscher Sicht optimistisch im Hinblick auf die WM in Budapest?
Rico Freimuth: “Das ist eine gute Frage. Wir haben viele Leistungsträger, die wegfallen, vor allem mit Malaika Mihambo. Sie ist das Gesicht der deutschen Leichtathletik der vergangenen Jahre. Um ehrlich zu sein, stimmt mich nicht viel positiv, wenn ich die Nominiertenliste durchgehe. Natürlich freut mich als ehemaliger Zehnkämpfer, wenn in dieser Disziplin mit Niklas Kaul und Leo Neugebauer gleich zwei ambitionierte Medaillenkandidaten an den Start gehen. Realistisch gesehen, können wir aber mit drei Medaillen schon froh sein. Das ist eine Vorausschau, die nicht besonders glücklich stimmt.”
Haben Sie Angst, die WM könnte nach dem historisch schwachen Abschneiden in Eugene 2022 (nur zwei Medaillen) das nächste Desaster werden?
Freimuth: Die Frage ist, womit wir uns vergleichen. Eugene war ein Desaster – und jetzt können wir auch nicht auf mehr Medaillen hoffen. Im Grunde kann es nur ein Desaster werden. Man kann daher nur hoffen, dass einige Leute über sich hinauswachsen. Zum Beispiel Joshua Hartmann, der über 200 Meter deutschen Rekord gelaufen ist. Das ist individuell eine klasse Leistung, aber ist er damit international konkurrenzfähig? Ich glaube nicht. Wir haben Talente, aber am Ende muss man sich im internationalen Vergleich mit den weltweit Besten messen – und das wird leider eine sehr schwere Aufgabe. Die Probleme sind ja schon seit Jahren bekannt, gefühlt passiert aber nicht viel. Den Athleten, das möchte ich betonen, kann man keinen Vorwurf machen.
Die European Games in München im vergangenen Sommer waren dagegen mit 16 deutschen Medaillen ein großer Erfolg.
Freimuth: Das ist, als würde man einen Filter bei Instagram benutzen. Die EM war schön, die Stimmung in München toll. Mit den Leistungen hätten wir bei der WM aber trotzdem nur zwei Medaillen geholt. Das vergessen viele, die sagen, in München war alles super. Das muss man realistisch einordnen.
Was macht im Hinblick auf Olympia 2024 in Paris Hoffnung?
Freimuth: In einem Jahr kann nichts mehr passieren. Das ist ein langfristiger Prozess und dauert meist ein bis zwei Olympia-Zyklen. Ich sehe das große Problem im Föderalismus in Deutschland. Die Briten haben es im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2012 hervorragend gemacht. Sie fördern nicht mehr alle, sondern nur noch die Athleten mit den größten Medaillenchancen. 2016 waren sie sogar noch besser als 2012. Wenn man unter die Top drei der Welt möchte, dann muss der Fokus zu 100 Prozent auf dem Sport liegen – ohne Nebengeräusche. Die Top-Athleten können das, eine Malaika Mihambo muss sich da keine Sorgen machen. Aber bis sie dahin gekommen ist, war es auch für sie schwer. In Deutschland wird jeder ein wenig gefördert – und das führt zu keiner Top-Leistung.
Das komplette Interview finden Sie unter folgendem Link: https://www.eurosport.de/leichtathletik/leichtathletik-wm/2023/freimuth-schlagt-vor-wm-start-alarm-wie-einen-filter-bei-instagram-zu-benutzen_sto9747109/story.shtml
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Dominik Mackevicius
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