Klartext mit Boris Becker, Barbara Rittner und Andrea Petkovic: Die Tennis-Analyse im Eurosport-Podcast “Das Gelbe vom Ball”
30 Januar 2023 - Letzte Aktualisierung 2 Februar 2023

Klartext im Eurosport Studio: In der neuen Folge des Eurosport-Tennis-Podcasts “Das Gelbe vom Ball” blicken die Eurosport-Experten Boris Becker, Barbara Rittner und Andrea Petkovic mit Moderator Matthias Stach auf die Australian Open 2023 zurück und analysieren die schwierige Situation von Alexander Zverev. Im Fokus der Diskussion steht der Generationenwechsel im Welttennis sowie die außergewöhnliche Leistung von Australian-Open-Champion Novak Djokovic.
Darüber hinaus wirft das Quartett einen kritischen Blick auf die deutschen Nachwuchsprobleme und erklärt, warum sich das deutsche Tennis schwertut, Talente in die Weltspitze zu führen. Zu Beginn des Gesprächs können sich die Zuhörer:innen aber auf einen ganz persönlichen Einblick von Andrea Petkovic in ihren Karriereweg freuen.
Alle Infos und Videos gibt es auf Eurosport.de Die komplette Folge „Das Gelbe vom Ball“ ist jetzt als Podcast auf allen gängigen Podcatcher, u.a. via Spotify oder bei Apple-Podcast verfügbar sowie unter folgendem Link zu hören: Eurosport Podcast
Anbei die besten Aussagen zur freien redaktionellen Verwendung bei Quellenkennzeichnung: Das Gelbe vom Ball - der Eurosport Tennis-Podcast.
Boris Becker macht Alexander Zverev Mut: "Ich glaube, dass es möglich ist"
Boris Becker: “Sascha war sieben Monate verletzt, also wird es wieder sieben Monate dauern, bis er dort ist, wo er vor 14 Monaten war. Das ist eine Ewigkeit im Sport und der Umkleideraum schläft nicht. Carlos Alcaraz hat bis vor 14 Monaten kaum ein Match gewonnen, dann wurde er zur Nummer eins der Welt. Der Nachwuchs kommt. Für Sascha wird es eher schwieriger, er braucht Geduld, muss Turniere spielen. Das wird ein langer Weg zurück. Ich glaube, dass es möglich ist, denn er hat die richtige Einstellung.”
Barbara Rittner: “Es kommt noch diese kleine Barriere dazu: die Art der Verletzung. Die Frage ist: Was passiert auf Sand? Dort hat er sein bestes Tennis gespielt. Wann traut er sich, auf Sand wieder voll reinzugehen und die Bewegungen auszuführen? Zudem hat der Respekt und die Angst, gegen Zverev zu spielen, bei den anderen Spielern erst einmal abgenommen. Gegen Zverev anzutreten, ist jetzt eher eine Chance. Ich drücke ihm fest die Daumen, denn er hat die Einstellung und ist ein harter Arbeiter - ich habe gedacht, dass er im vergangenen Jahr die Nummer eins wird und die French Open gewinnt.”
Becker und Petkovic über Novak Djokovic:
Boris Becker: “Novak ist 35 Jahre alt und weiß, mit 40 schafft er diese Leistung nicht mehr. Ich glaube, nach den Australian Open wird es ein Höllenritt. Das wird noch einmal eine ganz andere Nummer und eine ganz andere Belastung in Paris und Wimbledon. Der Erfolg ist sein Lebenstraum, er möchte der erfolgreichste Spieler der Geschichte werden. Er hat schon als Kind gesagt: Ich werde mal der Beste – und er hatte recht. Und jetzt ist er an der Grenze. Ich glaube auch, dass er vielleicht ein bisschen Bammel davor hat, was passiert, wenn er plötzlich der Beste ist. Und dann? Was mache ich danach? Novak ist ein Perfektionist. Wenn ihm bei 6:1, 5:2 ein Doppelfehler unterläuft, flippt er aus. Das macht ihn auch so stark.”
Andrea Petkovic: “Wir sind derselbe Jahrgang und haben viele Jugendturniere zusammen gespielt. Da lernt man jemanden anders kennen, auch im Hinblick auf die Persönlichkeit – und das, bevor er berühmt wurde. Ich habe ihn bei den Australian Open beobachtet und noch nie jemanden gesehen, der den Rest des Feldes so dominiert wie Novak Djokovic. Teilweise wusste ich nicht, wie jemand einen Punkt gegen ihn holen soll, wenn er kein Ass oder Service-Winner macht. Und gleichzeitig, egal ob es 5:1 oder 40:0 steht, da ist eine Nervosität und Anspannung in seinem Gesicht - er hadert, entlädt sich. Ich möchte das weder verurteilen noch beurteilen, aber das zeigt mir, dass er unter einer unheimlichen Spannung steht.”
Boris Becker über den Generationswechsel:
Boris Becker: “Wir sehen im Moment den Generationswechsel. Roger Federer ist bereits weg, Rafael Nadal ist für mich mit einem Schritt schon weg. Er wird Paris spielen, danach sehe ich ein Fragezeichen. Novak Djokovic wird diese Saison auf jeden Fall durchziehen, aber wenn er die 23 Titel schafft und nächstes Jahr 36 wird, dann ist es eine Frage der Zeit. Der Generationenwechsel passiert jetzt. Ich meine, das ist eine verdammt hohe Hürde. Das eine ist es, Grand Slams zu gewinnen, das andere, den Sport zu repräsentieren. Wir haben oder hatten mit Federer, Nadal und Djokovic drei Idole, die nicht nur Tennisfans, sondern Sportfans generell angezogen haben. Dadurch ist unser Sport globaler und reicher geworden. Deshalb gibt es diese Preisgelder und Werbeinvestitionen. Das werden die großen Herausforderungen für die Jungen: Nicht nur zu gewinnen, sondern auch etwas darzustellen - und das ist eine ganz andere Baustelle.”
Boris Becker über Roger Federer: “Vielleicht der Sportbotschafter, nicht nur Tennisbotschafter. So etwas hat die Welt noch nicht gesehen. Da kannst du Fußballer nehmen und Basketballer und Leichtathleten. Bei Roger ist alles so perfekt, fast zu gut, um wahr zu sein. Das wird es im Tennissport nie wieder geben.”
Die Eurosport Experten zum deutschen Nachwuchs-Problem:
Link: https://www.eurosport.de/tennis/australian-open/2023/podcast-das-gelbe-vom-ball-petkovic-becker-und-rittner-das-ist-ein-problem-fur-das-deutsche-tennis_vid1824537/video.shtml
Boris Becker: "Ich glaube, es ist nicht nur ein Tennisproblem. Ich habe die Olympischen Spiele in Tokio und den Medaillenspiegel gesehen. Da hat sich keiner aufgeregt, dass wir so schlecht waren. Bei allem Respekt vor allen großen Sportlern und Sportlerinnen, für mich war es ein Armutszeugnis, wo der deutsche Sport heute steht. Das gibt es leider schwarz auf weiß, nennt sich Medaillenspiegel. Da sind wir nicht mehr so gut. Warum das so ist, ist ein abendfüllendes Thema, aber es fehlt etwas."
Barbara Rittner: “Das große Wort ist Leistung. Wir befinden uns im Leistungstennis und im Leistungssport. Da ist diese Schutzhaltung der Eltern, die sagen: Da müssen wir weniger tun und dort gibt es zu viel Stress, Stichwort Work Life Balance. Das sind Schlagworte, die man immer wieder hört. Wir müssen wieder mehr dahinkommen, dass Leistung gefördert wird, dass man Leistung bringen muss. Beim DTB machen wir wesentlich mehr als zu Zeiten von Petkovic, Kerber oder Lisicki. Und dennoch bekomme ich immer wieder gesagt: Ist das alles, was ihr macht? Die wollen alle ihre eigene kleine Komfortzone, am liebsten vor der eigenen Haustür, und nicht zu viel investieren. Die Ablenkung ist unheimlich groß. Ich finde, die sozialen Medien sind ein großes Thema der Ablenkung für die heutigen Jugendlichen. Sie verlieren zu schnell den Fokus auf diese eine Sache und damit das Durchhaltevermögen. Wenn diese Talente, die wir jetzt im Alter zwischen 14 und 20 Jahren haben, ein Durchhaltevermögen, eine Disziplin und eine Herangehensweise hätten, wie die vorherige Generation, würden sie zum größten Teil gut werden. Viele brechen aber weg, weil sie zu früh aufgeben und ihre Komfortzone nicht verlassen wollen. Wir müssen es als Trainer irgendwie schaffen, sie aus dieser Komfortzone herauszuholen und ihnen aufzuzeigen, wie cool es ist und wie viel Spaß es machen kann, sich zu quälen und Leistung zu bringen.”
Andrea Petkovic: “Ich glaube an den Konkurrenzkampf. Ich wäre niemals so gut geworden, wenn ich nicht eine Angelique Kerber, Julia Görges, Sabine Lisicki, Laura Siegemund, Tatjana Maria, Anna-Lena Grönefeld und wie sie alle heißen um mich gehabt hätte. Die haben mich gepusht und haben mich bei der Stange gehalten, wenn ich mal unten war oder verletzt war. Da hat Deutschland Schwierigkeiten, da es ein großes Land ist. Die Tschechinnen haben jedes Jahr neue Teenagerinnen, die auf die Tour vordringen - und die trainieren alle in Prag. Die spielen und trainieren alle untereinander und entwickeln so die Qualität und auch die Härte, die man im Leistungssport braucht. Ich wünschte, man könnte die Talente näher zusammenbringen. Das ist natürlich nicht so einfach, denn dafür muss man die Komfortzone, das Zuhause verlassen.”
Den News-Artikel zum Podccat inklusive Video-Clips finden Sie unter folgendem Link: https://www.eurosport.de/tennis/australian-open/2023/novak-djokovic-grand-slam-melbourne-boris-becker-andrea-petkovic-exklusiv-ziele-french-open-wimbledo_sto9363038/story.shtml
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